TV Hörde II vs. VoR Paderborn II
3:2
(25:13, 22:25, 18:25, 27:25, 16:14)
Es gibt eine Menge Dinge im Leben einer Volleyballspielerin, die ziemlich schön sind: ein erfolgreicher Angriff, eine gute Annahme oder Abwehr, ein tolles Training oder die Mannschaftsfahrt nach Holland. Beim Betreten der Sporthalle an einem grauen Sonntagmorgen um kurz nach Neun stellt man sich allerdings doch für einen Moment die sehr zentrale Frage, warum man sich das gerade eigentlich antut. Wieso muss man an einem freien Tag seine Zeit damit verbringen, einen Ball durch die Halle zu dreschen, anstatt wie der Rest von Deutschland noch gemütlich im Bett zu liegen oder ein ausgiebiges Sonntagsfrühstück zu genießen?
Aber an solche inhumanen Uhrzeiten ist man irgendwann gewöhnt, besonders wenn man mit einem Schaudern an Spiele gegen Siegen vor ein paar Jahren zurückdenkt, die für elf Uhr morgens angesetzt waren. Da fährt man auch mal um 7:30 Uhr los, aber dann halt ohne gute Laune.
Für schlechte Laune hatten wir aber heute erstmal keinen Grund. Nach und nach trudelten die Hörder Spielerinnen und Trainer Christopher Werth an der Hörder Festung ein, teilweise noch mit Frühstücksbrötchen – oder wahlweise einem Käsebrötchen – in der Hand. Grund für gute Stimmung lieferte zunächst die neue Bekleidung. Einheitlich mit neuen Einspielshirts ausgestattet, baute sich das Netz und alles, was dazugehört, doch sehr schnell auf und pünktlich um zwanzig vor zehn begannen wir mit dem Aufwärmen.
Den ersten Hinweis, dass die Paderborner Spielerinnen Nerven aus Stahl besaßen, bekamen wir, als eine Stunde vor Spielbeginn immer noch kein Mitglied der gegnerischen Mannschaft die Halle betreten hatte. Erst eine Dreiviertelstunde vor Anpfiff standen zehn Paderbornerinnen auf der anderen Spielfeldhälfte und fingen mit der Erwärmung an. Doch diese kurze Phase genügte ihnen offenbar, wie findige Leser vielleicht schon bei den oben genannten Satzergebnissen feststellen konnten.
Während die Gegnerinnen ihre Viertelstunde für Aufschlag-Annahme nutzten, verbrachte die Hörder Mannschaft die dadurch entstehende Pause höchst individuell. Ein paar extra Fleißige spielten sich weiter ein, andere entdeckte man bei einem kurzen Power-Nap auf der Weichbodenmatte nebenan. Tea lag zu diesem Zeitpunkt so regungslos da, dass ihr spontan die stabile Seitenlage empfohlen wurde, von der sie dann allerdings doch keinen Gebrauch machen musste.
Der Hörder Kader war fast voll besetzt, unterstützt wurden wir von Hannah Trautmann aus der F3, verzichten mussten wir allerdings auf die noch etwas angeschlagene Lara Werth, die jedoch als Co-Trainerin mit Rat und Tat zur Seite stand, sowie auf Leonie Ufert, die am Tag zuvor den „Mammutmarsch“ absolvierte, und sich dabei eine fette Blase am Fuß zuzog. Man war sich intern schnell einig, dass 55 Kilometer Wandern ziemlich genau 55 Kilometer zu viel waren, oder wie Marlene es trocken kommentierte: „Manchmal ist mir der Weg vom Parkplatz zur Halle schon zu weit.“
Die frischgebackene Kapitänin Ceyda Altintas führte gleich die von Sophia jahrelang gepflegte Tradition fort und verlor die Auslosung, also hatten wir wie gewöhnlich Annahme. Im ersten Satz legten wir los wie die Feuerwehr. Vor allem mit Aufschlägen und Angriffen setzten wir die Gäste aus Paderborn mächtig unter Druck und so dauerte es nicht lange, bis wir den ersten Satz ziemlich deutlich mit 25:13 für uns entschieden. Nun mögen sich ein paar Fans vielleicht schon entspannt zurückgelehnt haben, die letzten beiden Spiele hatten wir ja ohne Satzverlust ähnlich hoch gewonnen, weswegen die Hörder Weste noch blütenweiß erstrahlte. Tja, falsch gedacht!
Im zweiten Satz zeigte sich ein ganz anderes Bild. Die Mädels aus Paderborn glänzten mit einer beeindruckenden Abwehrleistung und brachten uns mit ihren Aufschlägen ganz schön in Bedrängnis. Bei uns funktionierte schließlich gar nichts mehr. Die Annahme war wackelig und wenn sie dann doch gut kam, schafften wir es zu selten, den Ball in der gegnerischen Hälfte zu versenken. Somit ging der zweite Satz hochverdient an den VoR Paderborn.
Satz 3: Restart. So war es zumindest gedacht, aber eigentlich hat nur jemand Satz Zwei kopiert und nochmal neu eingefügt. Wieder lagen wir teilweise mit fünf Punkten in Führung und wieder verspielten wir diesen Vorsprung, sodass Paderborn noch deutlicher gewann.
So langsam schwante den Fans auf der Tribüne sowie den Hörderinnen Böses. Einen Punkt hatte Paderborn sich nun schon gesichert und bis zur Hälfte des vierten Satzes sah es lange Zeit so aus, als würde hier heute die erste Hörder Niederlage besiegelt werden. Doch manchmal schickt das Universum Einem ein Zeichen. Das kann ein schlechtes Zeichen sein, zum Beispiel, als Ceydas Trinkflasche morgens runterfiel und ihr Lebensende auf dem Bürgersteig vor dem Phoenix-Gymnasium fand, ein Schicksal, das man so auch niemandem wünschen würde. Aber ab und zu schickt einem das Universum auch freundliche Unterstützung. Zwar eher selten in der Form einer Horde junger Männer, aber heute hatten wir wohl genau das gebraucht.
Die zweite Männermannschaft hatte parallel im letzten Hallendrittel gespielt und kam nach Spielende zu uns herüber. Die Jungs brachten nochmal richtig Stimmung mit. Jeder Hörder Punkt wurde lautstark gefeiert, und wenn so eine Männermannschaft mal mit Anfeuern loslegte, konnte das ganz schön laut werden. Von dieser Energie angetrieben blieb uns gar nichts anderes übrig, als im vierten Satz einen 11:18 Rückstand wieder aufzuholen und den Satz am Ende knapp mit 27:25 für uns zu entscheiden.
Die wilde Achterbahnfahrt ging im Tiebreak weiter, der 0:4 Vorsprung für uns verwandelte sich in einen 4:4 Ausgleich und mit 8:7 für Paderborn ging es zum Seitenwechsel. Die M2 ging auf der Tribüne richtig mit und es blieb weiterhin ein Kopf-an-Kopf-Rennen. Beide Teams gaben nochmal Alles, Paderborn hatte den Sieg zum Greifen nah, aber wir wehrten den Matchball ab. Ein Aufstellungsfehler des Gegners kam uns zur Hilfe, und mit letzten Kräften schafften wir es irgendwie, den Satz mit 16:14 und gleichzeitig das Spiel zu unseren Gunsten zu beenden.
Nun zurück zur Anfangsfrage. Ja, manchmal steht man Sonntagmorgens sehr früh auf, wartet zehn (oder gerne mehr) Minuten vor der Halle, durchläuft in der Annahme alle fünf Phasen der Trauer und fragt sich: Warum mach ich das nochmal? Doch dann kämpft man sich als Mannschaft wieder zurück, schreit gemeinsam mit den Zuschauern die Halle zusammen, feiert lautstark jede erfolgreiche Aktion und auf wundersame Weise gewinnt man schließlich doch noch dieses Spiel, befindet sich inmitten einer Jubeltraube aus seinen Mitspielerinnen und weiß wieder, wofür man es macht.
Es war bestimmt nicht unsere beste Leistung, trotzdem sind wir froh, dass wir zwei weitere Punkte auf unserem Konto verbuchen können. Dafür kann man dann auch ruhig mal um 7:45 Uhr aufstehen.
Die Stimmen zum Spiel:
Lara: Die Scheiße mach ich nicht nochmal: am Rand sitzen. Man darf ja nicht mal aufstehen
Sophia: Ich hatte konstant einen Puls von 150.
Marlene: Ich bin zu alt für so ‘ne Scheiße.
Greta: Irgendwie ist es voll anstrengend.
Leonie: Ey Ceyda, da hängt noch ein TheraBand, falls du das klauen willst.
Maga: Kennt ihr diesen Kritiker von Ratatouille? So fühl ich mich immer, wenn Martin reinkommt.
Alina: Ich hasse Linkshänder.
Die Rechnung Ihres Kardiologen schicken Sie bitte an: Ceyda Altintas, Sophia Bader, Alina Danne, Leonie Danne, Minna Dunkhorst, Merja Hammer, Laura Kunz, Marlene Lösing, Greta Rustige, Ivy Schulte, Magdalena Stojanovic, Teodora Stojanovic und Hannah Trautmann.
Ein besonderer Dank an dieser Stelle an die Spieler der Hörder M2!